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Die Geschichte Jugoslawiens von 1918 – 1991

Quelle: © Wikipedia Deutschland

Der jugoslawische Staat wurde 1918 als Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevstvo Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt auch SHS-Staat) gegründet. Der neue Staat vereinigte Serbien und Montenegro mit Gebieten der zerfallenen Habsburgermonarchie: Kroatien-Slawonien, Vojvodina, Dalmatien, Krain und Südsteiermark sowie Bosnien-Herzegowina.

Schon bei der Staatsgründung gab es widerstreitende Auffassungen über die künftige Staatskonstruktion. Die bis dahin zu Österreich-Ungarn gehörenden Slowenen und Kroaten verfochten einen föderalen Staatsaufbau, die serbische Regierung dagegen wollte einen zentralistischen Einheitsstaat bilden. Unter dem Druck der italienischen Expansionsbestrebungen in Istrien und Dalmatien kam es zu einer schnellen Staatsgründung, wobei die einflussreichen politischen Kräfte beider Seiten die Entscheidung über die Verfassung Jugoslawiens vertagten, weil sie sich darüber nicht einigen konnten.

Die Gegensätze zwischen den verschiedenen Nationalitäten konnten in der etwa 70 Jahre währenden Geschichte des Vielvölkerstaats Jugoslawien nie überwunden werden. Schon die Zeit zwischen den Weltkriegen war eine Abfolge von existenzbedrohenden Staatskrisen, wobei die Fronten der Auseinandersetzung im Wesentlichen entlang der nationalen Grenzen verliefen. Eine zweite Hypothek, an der Jugoslawien schwer zu tragen hatte, war das unterschiedliche wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklungsniveau in den zusammengeschlossenen Ländern. Slowenien, Kroatien und die Vojvodina (also die ehemals zur Donaumonarchie gehörenden Länder) waren am weitesten entwickelt. Sie trugen mehr zum Bruttosozialprodukt Jugoslawiens bei als die übrigen Teile des Staates. Das Entwicklungsgefälle von Nord nach Süd war auch in der Endphase Jugoslawiens in den 1980er Jahren noch sehr stark.

Als das Deutsche Reich Jugoslawien im April 1941 den Krieg erklärte, zerfiel der Staat aufgrund seiner inneren Widersprüche innerhalb weniger Tage, ohne dass den Angreifern großer Widerstand entgegengesetzt wurde. Die Okkupanten nutzten die Uneinigkeit der Jugoslawen, um das eroberte Gebiet zu beherrschen. Einige Teile wurden annektiert, andere an Ungarn, Bulgarien und die italienische Kolonie Albanien angeschlossen, schließlich in Kroatien ein faschistisches Marionettenregime installiert. Bald bildeten sich in Jugoslawien Partisaneneinheiten, die den Besatzern Widerstand leisteten: Zunächst waren dabei königstreue Tschetnik-Verbände am stärksten, bald aber dominierten die kommunistischen Partisanen unter Josip Broz Tito das Geschehen.

Der Zweite Weltkrieg war in Jugoslawien gleichzeitig ein Bürgerkrieg mit zahllosen unübersichtlichen Fronten, die auch quer zu den ethnischen Grenzen verliefen. Partisanen und Kollaborateure bekriegten einander. Mit großer Härte kämpften auch die Tschetniks und Tito-Partisanen gegeneinander. Die meisten Kriegsverbrechen wurden in Jugoslawien nicht von den Besatzern, sondern von den auf verschiedenen Seiten stehenden Jugoslawen selbst begangen. So ermordeten zum Beispiel kroatische Ustascha-Truppen zehntausende serbische Zivilisten und Juden in ihrem Machtbereich, serbische Tschetniks zehntausende Kroaten, bosnische Muslime ließen sich für die SS anwerben und kommunistische Partisanen erschossen nach Kriegsende tausende Slowenen und Kroaten (Massaker von Bleiburg), die auf Seiten der Achsenmächte gekämpft hatten.

Am Ende setzten sich die Kommunisten durch und Tito übernahm mit seiner Partei die Macht im wiedererstandenen Jugoslawien. Der kommunistische Führer versuchte nach der gewaltsamen Ausschaltung seiner innenpolitischen Gegner das Nationalitätenproblem in seinem Staat zu lösen, indem er eine föderale Verfassung durchsetzte. Zum Gründungsmythos des zweiten Jugoslawien wurde dabei der gemeinsame Kampf der ethnisch gemischten kommunistischen Partisaneneinheiten gegen die faschistischen Okkupanten. Diese Seite der Wahrheit wurde propagandistisch herausgestellt, während der Bürgerkrieg, der innerhalb der Bevölkerung geführt worden war, und die dabei begangenen Verbrechen weitgehend totgeschwiegen wurden.

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Jugoslawien wurde nach Kriegsende als sozialistischer und föderaler Staat neu gegründet. Die jugoslawischen Kommunisten errichteten 1945 sechs Teilrepubliken: Slowenien, Kroatien und Serbien; Mazedonien und Montenegro wurden von Serbien abgetrennt und als eigenständige Republiken begründet, um die im ersten Jugoslawien dominierenden Serben zu schwächen. Dazu kam als sechste Republik das ethnisch stark gemischte Bosnien-Herzegowina, das Tito weder den Serben noch den Kroaten überlassen wollte. Weil Serbien noch immer die mit Abstand stärkste Republik war, wurden auf seinem Gebiet später noch die autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo eingerichtet.

Wie in allen kommunistischen Ländern, wurde das Wirtschaftssystem nach 1945 völlig umgestaltet. Industrie und Banken wurden verstaatlicht, der Großgrundbesitz aufgeteilt. Allerdings ist es in Jugoslawien nie zur Kollektivierung der Landwirtschaft gekommen.

Außenpolitisch war das kommunistische Jugoslawien in der Zeit des Kalten Krieges eine Erfolgsgeschichte. Tito gelang es, seinen Staat vom Einfluss der stalinistischen Sowjetunion zu lösen, er erwarb sich in der internationalen Diplomatie Respekt als einer der Führer der Bewegung der blockfreien Staaten.

Weil sich Jugoslawien von der Sowjetunion losgesagt hatte, erhielt das Land auch massive Wirtschaftshilfe des Westens, wobei es gleichzeitig enge Handelsbeziehungen zum RGW unterhielt. So schien das sozialistische Wirtschaftssystem Jugoslawiens einige Zeit erfolgreich zu sein, und die Lebensverhältnisse in Jugoslawien besserten sich tatsächlich. Spätestens in den 1970er Jahren zeigte sich aber, dass es nicht gelang, die südlichen Republiken wirtschaftlich zu entwickeln, dass die Verbesserung der Lebensverhältnisse mit einer extrem hohen Staatsschuld erkauft worden war und dass, obwohl zehntausende Jugoslawen als Gastarbeiter nach Westeuropa gegangen waren, Arbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung nicht in den Griff zu bekommen waren.

Ende der 1960er Jahre verschärften sich die nationalen Auseinandersetzungen in Jugoslawien wieder. Aus einem Streit von Philologen über die Gestaltung der serbokroatischen Standardsprache entwickelte sich die Bewegung Kroatischer Frühling, die mehr Rechte für die kroatische Volksgruppe forderte. Sie wurde 1971 von Tito mit Hilfe der Miliz niedergeschlagen.

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1974 veranlasste Tito eine neue Verfassung für Jugoslawien, die die Rechte der Teilrepubliken und autonomen Provinzen stärkte. An der Spitze des Staates sollte nach dem Ableben Titos – er war laut Verfassung Präsident auf Lebenszeit – ein kollektives Staatspräsidium stehen. Den Vorsitz sollte reihum einer der Republikspräsidenten übernehmen. Als Tito 1980 starb, trat diese Regelung in Kraft.

Bald nach dem Tod Titos wurde aber offenbar, dass nur der charismatische und mächtige Partisanenführer in der Lage gewesen war, die zentrifugalen Tendenzen und widerstreitenden Nationalismen Jugoslawiens zu kontrollieren, so dass sie den Bestand des Staates nicht gefährden konnten. Zwar funktionierten die Organe des Bundes formal bis gegen Ende der 1980er Jahre. Doch gaben die Nationalisten – sowohl innerhalb als auch außerhalb des BdKJ – in den Republiken zunehmend den Ton an und beherrschten den politischen Diskurs. Die 80er Jahre waren in Jugoslawien eine stete Abfolge gegenseitiger Schuldzuweisungen zwischen den Nationalitäten, wer den offensichtlichen Verfall des Staates zu verantworten habe und welches Volk im System die größten Ungerechtigkeiten zu erdulden hätte. Hinzu kam die weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem undemokratischen Sozialismus, ohne dass man sich aber um Reformen auf gesamtstaatlicher Ebene bemühte.

1981 erschütterte eine albanische Protestbewegung im Kosovo das Land. Sie wurde von Kräften der Republik Serbien niedergeschlagen und man verhängte den Ausnahmezustand über die Provinz. Weil zugleich die gesamte Führung des Kosovo ausgewechselt wurde, hatte dies auch negative Rückwirkungen auf den Gesamtstaat, denn die autonomen Provinzen waren auch im Staatspräsidium vertreten, wo nun die Stimme des Kosovo von Serbien abhängig war.

Mit dem Bekanntwerden des Memorandums der Serbischen Akademie der Wissenschaften aus dem Jahr 1986 wuchs in Slowenien und Kroatien die Angst vor großserbischen Tendenzen. Die Akademie hatte in ihrer Analyse das jugoslawische System als gegen die Serben gerichtetes Unterdrückungsinstrument bezeichnet und unter anderem die Beseitigung der autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo gefordert. Die Verwirklichung dieser Forderung hätte das Ende der fragilen gesamtjugoslawischen Staatskonstruktion bedeutet. Zur selben Zeit erstarkten in Slowenien und Kroatien die Nationalbewegungen, die eine Auflösung des jugoslawischen Staatsverbands favorisierten, nicht zuletzt weil die Mehrheit in beiden Ländern die südlichen Republiken nicht mehr subventionieren wollte, aber auch weil sie fürchteten, dass die Serben versuchen würden, die Macht im Gesamtstaat an sich zu reißen. Die ersten demokratischen Wahlen gewannen 1990 in Slowenien und Kroatien antikommunistische Parteien, die die Eigenstaatlichkeit dieser Republiken befürworteten, in Serbien gewannen die serbisch-national ausgerichteten Sozialisten unter Führung von Slobodan Milošević. Damit war das Ende Jugoslawiens besiegelt, denn zwischen den beiden Seiten war keine Verständigung möglich. Am 25. Juni 1991 erklärten Kroatien und Slowenien ihre staatliche Unabhängigkeit und kurz darauf begannen die Jugoslawienkriege. (Quelle: © Wikipedia Deutschland)